Im März 2021 haben Ärztinnen und Ärzte des Uniklinikums Erlangen und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) weltweit zum ersten Mal eine junge Frau mit einer schweren Autoimmunerkrankung mit chimären Antigen-Rezeptor(CAR)-T-Zellen therapiert. In diesem Jahr, fast drei Jahre später, veröffentlichten sie nun im renommierten New England Journal of Medicine eine Pilotstudie. In dieser zeigen die Beteiligten, dass verschiedene Autoimmunerkrankungen nach der CAR-T-Zelltherapie tatsächlich für lange Zeit komplett verschwinden, ohne dass eine weitere medikamentöse Behandlung notwendig ist.
Neustart auslösen, Immunsystem ohne Fehler wiederhochfahren
„Wir denken, wir haben es geschafft den „Reset-Knopf“ zu finden, der es wie bei einem Computer ermöglicht, einen Neustart auszulösen und das Immunsystem ohne Fehler wieder hochzufahren“, berichtet Prof. Dr. med. univ. Georg Schett, Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie des Uniklinikums Erlangen. Er hat die Studie zusammen mit Prof. Dr. Andreas Mackensen, Direktor der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Klinische Onkologie, durchgeführt.
Das Team drückte diesen „Reset-Knopf“ bei 15 Patientinnen und Patienten mit schweren Formen von Autoimmunerkrankungen, etwa dem „Roten Wolf“ (systemischer Lupus erythematodes), der systemischen Sklerose (auch als Sklerodermie bekannt) und der autoimmunen Muskelentzündung (Myositis). Durch eine einmalige Infusion von köpereigenen, außerhalb des Körpers manipulierten Zellen, sogenannten CAR-T-Zellen, kam es zu einer Auflösung der chronischen Entzündung in Organen wie Herz, Lunge und Nieren sowie Gelenken und der Haut, sodass es gleichzeitig möglich war, die immunhemmenden Medikamente wie Kortison für mehrere Jahre komplett abzusetzen.
Von körpereigenen Immunzellen zu therapeutischen Waffen
Die Behandlung mit CAR-T-Zellen wird durch ein spezielles Reinraumlabor in der Medizin 5 des Uniklinikums Erlangen ermöglicht. Dort werden die körpereigenen Immunzellen der Patientin bzw. des Patienten in therapeutische Waffen, die CAR-T-Zellen, verwandelt. Diese lebendigen Medikamente werden von einer Art „Maître“ – PD Dr. Michael Aigner und seinem Team des GMP-Labors – produziert, der den Herstellungsprozess überwacht und die Qualität der Zellen überprüft, bevor sie der Patientin bzw. dem Patienten zurückgegeben werden.
Die CAR-T-Zellen greifen dabei sehr gründlich die krankmachenden B-Lymphozyten im Knochenmark, in den Lymphknoten sowie in allen anderen Organen an. Durch die komplette Elimination der B-Zellen kommt es letztlich zum Abheilen der Erkrankung, was die Veröffentlichung im New England Journal of Medicine jetzt sehr eindrucksvoll belegt.
Neue B-Zellen lösen keine Erkrankung aus
„Besonders interessant ist dabei, dass die B-Zellen einige Zeit nach der Therapie wiederkommen, nicht aber die Erkrankung“, meinen Dr. Jule Taubmann und Dr. Fabian Müller, die die Patientinnen und Patienten nach der Therapie im interdisziplinären Team betreuen. Die neuen B-Zellen in den Patientinnen und Patienten sind naive, „unschuldige“ Zellen, die denen eines Kindes ähnlich sind und keine Erkrankung mehr auslösen.
Diese Erkenntnisse sind ein Durchbruch in der Immunmedizin. Es ist bereits jetzt möglich, die CAR-T-Zelltherapie im Rahmen der sogenannten CASTLE-Studie, die am Uniklinikum Erlangen durchgeführt wird, bei weiteren Patientinnen und Patienten mit schweren Formen des systemischen Lupus erythematodes, der systemischen Sklerose und der Myositis anzuwenden. Betroffene können sich übrigens an die E-Mail-Adresse Car-T-Cell.UKER@uk-erlangen.de wenden.