Freudestrahlende Gesichter im Juni 2022 in Köthen (Sachsen-Anhalt): Mit Dr. Andreas Winkler, Dr. Stefanie Hartmann, Dr. Melanie Colditz und Dr. Uhland Weissker hat ein Team des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) nicht nur den IQ Innovationspreis Mitteldeutschland im Cluster Life Sciences gewonnen, sondern auch für viel Aufmerksamkeit in der medizinischen Fachwelt gesorgt.
Startup in der Gründungsvorbereitung
Auf der Basis ihrer neuentwickelten und innovativen CleanPlasma-Technologie kann eine Blutprobe durch die Mikro-Kanäle eines ca. 2x2 cm2 kleinen Chips geschleust werden. Dabei trennen Schallwellen die Blutzellen, Bakterien und andere Partikel zuverlässig vom Blutplasma ab und die so gereinigte Probe ist ideal für eine nachfolgende Diagnostik geeignet. Mit diesem Verfahren können auch andere Körperflüssigkeiten aufgereinigt und für Diagnosen vorbereitet werden.
Gut ein Jahr ist mittlerweile vergangen, wie steht es um das anspruchsvolle Projekt? Dr. Stefanie Hartmann, am Projekt beteiligte Wissenschaftlerin und Startup-Managerin von „MicroAcoustiX“ hat sich die Zeit genommen, den LSR-Blog im virtuellen Gespräch über den aktuellen Stand der Innovation zu informieren. „Wir befinden uns derzeit noch mitten in den Vorbereitungen zur Ausgründung des geplanten Startups sowie auf der Suche nach Investoren“, berichtet die Physikerin.
Parallel werde weiterhin mit Hochdruck engagiert am Projekt selbst gearbeitet, was durch öffentliche Förderung – bislang summiert sich diese auf etwa 1,7 Millionen Euro – ermöglicht wird. Sie stammt aus verschiedensten Quellen, etwa aus dem Bundesforschungsministerium (BMBF).
Vollständig automatisierbar
Welche Bedeutung eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Technologie haben könnte, verdeutlicht Dr. Hartmann am Beispiel der Volkskrankheit Krebs und dem Potenzial, die sie in Sachen Früherkennung bietet: „Durch das ins Blut abgegebene Erbgut eines wachsenden Tumors kann sich beispielsweise der Krebs verraten, noch bevor er sichtbar wird oder anfängt, zu streuen.“ Die bisher übliche Methode der Zentrifugierung einer Blutprobe reinige unzureichend, sei extrem zeitaufwendig und kostenintensiv. „Unsere CleanPlasma-Technologie ist hingegen vollständig automatisierbar, kann in aktuelle Diagnostikgeräte integriert werden und bereitet so den Weg für eine zukunftsweisende Diagnostik in der breiten Anwendung.“
„Wir forschen am Institut in Dresden schon seit vielen Jahren am Thema akustische Oberflächenwellen, das vor allem in der Elektrotechnik beheimatet war, für elektronische Hochfrequenzfilter im Handy etwa“, erklärt Stefanie Hartmann. Die CleanPlasma-Forschung rückte ab etwa 2015 ins Blickfeld der Dresdner Wissenschaftler. Der Fokus: Wellen erzeugen Druckdifferenzen im Mikrokanal, dabei sortieren sich die Partikel nach ihren mechanischen Eigenschaften wie etwa Größe und Dichte quasi von selbst, vor allem im für das Projekt interessanten Größenbereich von 1 bis 20 Mikrometer.
„Qualitativ einwandfreies Produkt“
Natürlich beinhalte die Weiterentwicklung des „Schallchips“ – der in der Humandiagnostik als Einmalprodukt eingesetzt wird – noch eine Reihe von technischen Hürden, aber auch „Regularien wie die In-Vitro-Diagnostik-Verordnung der EU sind nicht ohne“, so Dr. Hartmann. Allerdings zeigte die Arbeit, die das Team in Kooperation mit ersten Industriepartnern sowie beispielsweise dem DRK in der sächsischen Landeshauptstadt angeht, laufend Fortschritte. „Wir sind sehr optimistisch, in einem absehbaren Zeitraum ein qualitativ einwandfreies Produkt auf den Markt bringen zu können“, ist sich Stefanie Hartmann sicher.