Das Multiple Myelom ist die zweithäufigste hämatologische Krebserkrankung – und ist derzeit noch unheilbar. Ein wichtiger Teil der Behandlungsleitlinie ist eine Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation. Der Erfolg dieser Behandlung hängt von einer ausreichenden Sammlung von Blutstammzellen (hämatopoetischen Stammzellen) des Patienten ab, die das Knochenmark nach der Hochdosis-Chemotherapie wieder aufbauen sollen. Diese Stammzellen werden mittels einer Mobilisationsbehandlung aus dem Knochenmark gelöst und können schließlich aus dem Blut durch eine Stammzell-Apherese gesammelt werden.
Im Laufe einer internationalen Studie unter Beteiligung von Forschenden der Uniklinik Köln wurde die neue Substanz Motixafortide – ein CXCR4-Inhibitor – auf seine Wirksamkeit getestet. Der Inhibitor wurde zusammen mit dem Medikament Filgrastim subkutan verabreicht und konnte die Verankerung der Stammzellen im Knochenmark nachhaltig mit einer einzigen Gabe lösen.
Dadurch wurde bei der Mehrheit der Patienten mit multiplem Myelom das optimale Entnahmeziel von ≥ sechs Millionen hämatopoetischen Stammzellen/kg Körpergewicht erreicht (92,5 Prozent gegenüber 26,2 Prozent mit Placebo-Gabe). Die Ergebnisse der Genesis-Studie wurden im April 2023 im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Medicine veröffentlicht. (https://doi.org/10.1038/s41591-023-02273-z)
Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat nur wenige Monate später basierend auf dieser Studie Motixafortide in Kombination mit Filgrastim zur Mobilisierung von hämatopoetischen Stammzellen im peripheren Blut für die Entnahme und anschließende autologe Transplantation bei Patienten mit einem multiplen Myelom zugelassen.
Privatdozent Dr. Dr. Udo Holtick, er forscht in der Klinik I für Innere Medizin an der Uniklinik Köln im Bereich allogene Stammzelltransplantation, CAR-T-Zell-Therapie und multiples Myelom, hat mit seinem Zentrum als einzige medizinische Institution in Deutschland Patienten in die internationale Studie eingebracht. Er freut sich natürlich über die Zulassung in den USA.
„Etwa 30 bis 40 Prozent der Myelom-Patienten sind sogenannte poor mobilizer, für die es mit Hilfe von CXCR4-Inhibitoren ermöglicht wird, die notwendige Stammzellzahl in einer Leukapherese zu sammeln und die Therapie dann bestmöglich fortsetzen zu können“, sagte der Wissenschaftler. Motixafortide sei eine Weiterentwicklung mit höherer Wirksamkeit und längerer Wirkdauer, die entsprechend der überzeugenden Ergebnisse in den USA zur Zulassung geführt hat.
„Motixafortide ist darüber hinaus eine sehr interessante Substanz, die außerhalb der Stammzellmobilisierung auch bei soliden Tumoren getestet wird mit dem Ziel, das Tumorgewebe für Immunzellen und Immunreaktionen zugänglicher und damit für immuntherapeutische Ansätze effektiver zu machen“, weckt Holtick zudem weitere Hoffnungen.