Entlang der Prozesskette von zell- und genbasierten Therapien – von der Entwicklung über die Produktion bis zur Anwendung – werden viele biologische und medizinische Technologien benötigt. Eine Vielzahl davon stellen wir her. Unsere beiden Branchen, die LSR- und die IVD-Industrie, bilden damit die Grundlage für ATMPs: von der akademischen und industriellen Forschung und Entwicklung über die Produktion der Therapieprodukte bis hin zur in-vitro-Diagnostik von Patientinnen und Patienten vor, während und nach der therapeutischen Anwendung.
Unsere Bausteine finden bei allen relevanten Stakeholdern des GCT-Kontextes Anwendung: Akademia, Krankenhäuser, Translationszentren, kleinere Spin-Offs und die Biotechindustrie sowie Pharmaunternehmen samt zugehöriger Clinical Research Organisations (CROs) und Contract Manufacturing Organisations (CDMOs). Die Mitgliedsunternehmen des VDGH nehmen damit eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von zell- und genbasierten Therapien in Deutschland ein.
Um unsere Rolle zu illustrieren, haben wir dieses Jahr mit dem Team der dpa-infografik GmbH zusammengearbeitet und es sind zwei ansprechende Infografiken entstanden, die wir im November und Dezember vorstellen wollen. Heute widmen wir uns der Patient Journey von Enkelin Lara und ihrem Opa Hermann.
Opa Hermann besiegt nach mehreren Anläufen endlich den Krebs
Die Technologie der CAR-T-Zelltherapie ist aktuell das bekannteste Modell der ATMPs. Bei diesem zellbasierten Gentherapeutikum werden z. B. Bestandteile der körpereigenen Immunabwehr, die T-Zellen, dem Körper entnommen und genetisch so verändert, dass sie Krebszellen erkennen können.
Bei Opa Hermann wurde bereits vor einigen Jahren ein B-Zell-Lymphom diagnostiziert, die Therapie blieb bislang leider ohne Erfolg. Die CAR-T-Zell-Therapie gibt jetzt Hoffnung auf eine langfristige Heilung.
Und so geht´s: Opa Hermann werden mittels präparativer Apharase – das ist eine Blutabnahme mit gleichzeitiger Auftrennung in bestimmte Bestandteile und Rückführung der nicht benötigten Bestandteile – körpereigene T-Zellen entnommen. T-Zellen sind Bestandteile des Immunsystems und können erkrankte Zellen erkennen und gezielt bekämpfen. Körpereigene, entartete Krebszellen werden leider nicht erkannt. Aus diesem Grund verändert man Opa Hermanns eigene T-Zellen mit der künstlich hergestellten DNA, welche die genetische Information für das CAR-Gen (Chimäric Antigen Receptor) kodiert. Dieser Rezeptor wird dann auf der Zelloberfläche der T-Zellen exprimiert und erkennt Hermanns Krebszellen. Die so entstandenen CAR-T-Zellen von Opa Hermann können die B-Zell-Lymphome bekämpfen. Verläuft die Therapie erfolgreich, ist Opa Hermann geheilt.
Lara kann dank Gentherapie laufen lernen
Adenovirus-assoziierte Gentherapien sind ebenfalls ein bekanntes Beispiel für ATMPs und werden z. B. bei der Therapie der spinalen Muskelatrophie, einer seltenen Erkrankung, angewandt. Hier werden genetisch reprogrammierte Viren des Typs AAV9 genutzt, die therapeutische humangenetische Information in Neugeborene zu applizieren. Das dysfunktionale Gen der Betroffenen wird durch ein funktionales Gen wettgemacht. Dies setzt eine Herstellung des humangenetischen Materials, eine Vermehrung der Viren als Carrier sowie umfassende Qualitätskontrollen in allen Prozessschritten voraus.
Enkelin Lara ist gerade geboren und wird im Neugeborenenscreening auf genetisch vererbte Krankheiten getestet. Unter 1:7500 Lebendgeburten leiden Babys wie Lara an Spinaler Muskelatrophie (SMA). SMA ist eine neuromuskuläre Erkrankung, die durch Verlust oder Veränderung im SMN1-Gen verursacht wird. Symptome sind Muskelschwäche und Muskelabbau. Bislang ist SMA die führende genetisch bedingte Ursache für Säuglingssterblichkeit.
Die Therapie basiert auf der Technologie des genetischen Transfers. AAV9 ist ein sogenannter viraler Vektor, das bedeutet, die Hülle und die Funktion, menschliche Zellen zu befallen, werden genutzt, um synthetische Gene in menschliche Zellen zu transferieren. Die genetische Information besteht in diesem Fall aus dem korrekten SMN1-Gen. Die Behandlung erfolgt mit einer sehr hohen Anzahl an viralen Vektoren. Es sind 1,1 x 1014 Vektoren pro kg notwendig. Lara wiegt 3,4 kg – das bedeutet, sie benötigt eine Dosis von 4,5 x 1014 Vektoren.
Bei erfolgreicher Therapie können betroffene Kinder nahezu alle Bewegungsabläufe lernen und die angeborene Muskelschwäche wird deutlich abgemildert. Wie die Enkelin Lara von Opa Hermann, die nun gemeinsam noch viele Jahre auf dem Abenteuerspielplatz verbringen können.