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Wie Künstliche Intelligenz (KI) viele Jahre Forschung einsparen könnte

3 min Carolin Schächterle

Die Entwicklung eines neuen Medikaments ist im Allgemeinen langwierig und teuer. Im Durchschnitt kostet sie ungefähr 2,6 Mrd. US-Dollar und es dauert im Schnitt mehr als 13 Jahre, bis ein Medikament zugelassen wird.

Der ganze Prozess beginnt mit der Identifikation eines vielversprechenden neuen Wirkstoffziels – wie z. B. eines Enzyms, das mit einem wichtigen Signalweg einer Krankheit zu tun hat. Dann folgt die Suche nach potenziellen Wirkstoffkandidaten: Molekülen, die speziell mit diesem gewünschten Ziel interagieren und eine positive Veränderung herbeiführen können. Aber bevor es zu einem erfolgreichen Medikament werden kann, braucht ein Molekül noch eine Reihe anderer Eigenschaften, darunter Ungiftigkeit, Löslichkeit und Stabilität.

Langwierige Suche nach geeignetem Wirkstoffkandidaten

Auf der Suche nach solchen Molekülen durchsuchen Forscherinnen und Forscher meist Bibliotheken mit vielen Tausend Substanzen und nutzen hierfür Testsysteme mit hohem Durchsatz. Wenn Wirkstoffkandidaten gefunden sind, beginnt deren Optimierung. Dabei arbeiten die Wissenschaftler an der chemischen Grundstruktur einer Treffersubstanz, um ihre Eigenschaften anzupassen. Jeder Treffer wird einer Vielzahl von Tests unterzogen, um seine Eignung als Wirkstoff zu erkunden. Schließlich bleibt nur eine einzige Substanz mit den besten Eigenschaften übrig: der vielversprechendste Wirkstoffkandidat.

Künstliche Intelligenz – willkommener Helfer

Bisher hat sich dieser Prozess der Retrosynthese – die Planung der Herstellung des Zielmoleküls erfolgt "rückwärts" vom gewünschten Molekül hin zu den möglichen Ausgangsstoffen – hauptsächlich auf das Wissen und die Expertise medizinischer Chemikerinnen und Chemiker und deren Fähigkeiten gestützt.

Aber mit den neuesten Fortschritten in der KI lassen sich die Erfolgschancen möglicherweise erhöhen. KI-basierte Retrosynthese-Software liefert wertvolle Informationen und trägt dazu bei, die Anzahl der Prozessschritte und damit der Kosten zu minimieren, um das benötigte Molekül mit den gewünschten Eigenschaften zu erstellen. Das kann zudem den Zeitraum im chemischen Labor drastisch verkürzen.

Die Software arbeitet mit ausgefeilten Algorithmen aus über 100.000 handcodierten Reaktionsregeln, mit deren Hilfe Expertinnen und Experten auf die riesigen Datenmengen zur chemischen Synthese zugreifen können, die in jahrzehntelanger Forschung entstanden sind.

Die Autorin

Martina Klapperbein-Mischok ist Mitarbeiterin bei Merck KGaA.

Neuveröffentlichung des Artikels aus der LSR-Imagebroschüre „Wir leben Forschung“.